Heute philosophiere ich darüber, warum ich es besser finde ein Freelancer zu sein und nicht als Consultant für ein Systemhaus zu arbeiten. Ich könnte damit inhaltlich zwar Bücher füllen, versuche es aber zu beschränken. Ich beziehe das ganze nur auf meine Erfahrungen.
Reputation & Qualität
Das Ansehen und der Ruf sind (mir) enorm wichtig. Ich, als Freelancer, arbeite für meine kleine Familie, unser Lebensstandard und mein kleines Unternehmen, die InSol. Ich versuche mit meiner Arbeit (m)einen positiven Ruf aufzubauen und zu halten.
Dadurch erreiche ich für mich Beständigkeit und hoffe auf Wieder-/Beauftragung, um weitere Umsätze zu generieren. Das erlaubt es mir damit weiterzumachen, was mir Spaß macht und das ist mein Antrieb.
Arbeitet ein Consultant in einem Systemhaus nach den gleichen Vorsätzen? Die meisten fahren zur Arbeit, um ihren Job zu machen und ihr Geld zu verdienen, logisch. Was passiert, wenn ein Consultant wiederholt schlecht arbeitet? Erstmal nichts. Dem Kunden ist im ersten Moment nicht bewusst was fehlt oder nicht vollständig ist. Ihm fehlt schlichtweg die technische Expertise, ansonsten hätten sie den Externen vermutlich nicht eingekauft. Wenn das Thema dann doch erkannt und hervorgebracht wird, weil beispielsweise ein Freelancer wie ich darauf hinweise, kommt nicht selten zu Unmut.
Systemhäuser haben in der Regel viele Kunden, was kümmert sie der (kleine) Mittelständler, der unzufrieden ist und sie nicht mehr beauftragt? Sie verdienen ihr Geld woanders; durch überhöhte Stundensätze, Hardware- und Softwareverkäufen und festen Verträgen, die monatlich Geld einbringen. Es gibt immer einen größeren Kunden oder einen, der wichtiger ist und/oder mehr Umsatz bringt.
Feedback & technische Ansprechpartner
Was benötigen die Meisten? Gezielte technische Unterstützung bei Problemen oder Herausforderungen, wie auch immer die aussehen mögen. Wenn bei einen meiner Partner etwas ansteht oder Probleme da sind, wollen sie direkt mich. Wenn das Problem größer ist, wollen sie mich – sehr zeitnah – und ohne Umwege. Warum? Ich betreue meine Partner seit über 2 Jahren und kenne die ein oder andere Besonderheit, wie es gemacht wurde und wie nicht. Ich kann das Problem zielgerichtet angehen. Abhängig von der Dringlichkeit/Kritikalität setzte ich mich sofort ran oder Frage nach, bis wann es abgeschlossen sein soll/muss.
Natürlich muss ich dann eventuell andere Termine verschieben. Da ich auch meinen anderen Partnern sofort helfen würde, gehen die meisten damit d’accord und zeigen Verständnis. Ich melde mich kurz & schmerzlos, ob Urlaub, Krankheit oder zu später Abendstunde, ich versuche immer zeitnah eine Antwort oder Lösung bereitzustellen.
Wie sieht es hingegen bei einem IT-Systemhaus aus?
Der Kunde versucht (s)einen Consultant telefonisch zu erreichen und erreicht niemanden. Dann wird eine E-Mail gesendet mit der Bitte um Rückruf. Dieser erfolgt, mit Glück, wenn der Consultant Feierabend hat oder Mittagspause macht. Nicht die besten Voraussetzungen jemanden zuzuhören und ggf. direkt agieren zu können, wie ich finde.
Aber wie sieht es in der Realität aus? Die Antworten treffen am nächsten, eher übernächsten Tag ein oder sogar erst in der darauffolgenden Woche. Wenn der Consultant mal wegen eines Projektes, Urlaub oder Krankheit nicht verfügbar ist, passiert meistens gar nichts. Wenn jetzt ein Sprücheklopfer kommt und sagt “das stimmt so nicht, es gibt Autoreply und es meldet sich einer zurück blablabla” dem entgegne ich nur ein Wort “Augenwischerei”.
In dringenden Fällen meldet sich jemand anderes aus dem Systemhaus nach paar Stunden zurück, der die Umgebung nicht kennt, schaut sich um, fummelt rum und versucht eine Lösung herbeizuführen. Das kostet nicht nur mehr Zeit (= Geld) sondern auch einfach nerven. Warum? Man möchte ja “seinen technischen Ansprechpartner” haben, weil er technisch gut ist, das ganze aufgebaut hat und/oder es betreut. Es handelt sich oft um Sachen, die nicht in Worte ausformuliert dokumentiert oder übergeben werden können.
Was mir bei meinen Kontakten, Bekannten und Partner immer häufiger auffällt: Die Leute antworten sehr schlecht, verspätet oder auch überhaupt nicht. Klar, man muss nicht instant mailen, das halte ich für überzogen. Aber man kann seinem Kunden doch, egal wie, mitteilen: “Pass auf, ich bin beschäftigt, ich melde mich morgen, übermorgen, Freitagfrüh um 9 Uhr bei dir”. Und dann das, was man zugesagt hat, einhalten, oder? Weit gefehlt, die Realität zeigt mir anderes. Beispiele dafür werde ich mal gesondert veröffentlichen. Schlechte Beispiele habe ich genügend, um ein weiteres Buch zu schreiben. #WallOfShame
9 to 5 – Die Reliquie der Steinzeit
Nine to Five oder “9am to 5pm” beschreibt die Regelarbeitszeit über 8 Stunden, bei vielen Angestellten.
Das gilt oftmals auch für ein Consultant im Systemhaus. Vielleicht macht er nochmal ein – zwei Überstunden, aber dann ist aber auch Schluss. Ich möchte nicht sagen, dass das verkehrt ist. Nur sind viele in einem Konstrukt fester Arbeitszeiten gefangen. Es gibt eine Kernarbeitszeit, bspw. 8 – 18 Uhr, in der die Mitarbeiter seine 8 Stunden abzuarbeiten hat.
Allein 8 Stunden am Stück (mit Pause dazwischen) zu arbeiten finde ich fragwürdig. Jeder weiß, wie die Performance nach dem Mittag rapide absinkt. Entweder, weil man zu viel gegessen hat oder weil die Konzentration nicht mitspielt. Man funktioniert zum Ende hin einfach nur noch.
Ich (als Freelancer) stelle mir keinen Wecker morgens und habe keine Zeit zum Ausstempeln. Es gibt Tage, an denen ich um 10 Uhr morgens feststelle: Ich habe keine Lust mehr zu arbeiten. Was soll ich sagen, ich lasse es dann (vorausgesetzt die Aufgaben geben es her). Wozu soll ich mich durchquälen?
Ein weiterer (ultrageheimer) Freelancer-Vorteil ist: Ich muss weniger Stunden arbeiten, als in einem Systemhaus. Ich “plane” i.d.R. meine Tage nur mit 6 Stunden Arbeitszeit ein. Freitags versuche ich keine großen Themen abzuarbeiten, sondern nur noch die Woche aufzuarbeiten und zu verwalten. DAS ermöglicht es mir, problemlos kurzfristige Termine zu führen oder einfach mal eine Stunde mit Ansprechpartnern zu telefonieren und/oder Blödsinn zu machen.
“Nicht wenige Systemhäuser” verlangen von dem Endkunden 50% – 100% Aufschlag für Arbeiten außerhalb der Geschäftszeiten. Und nun vermutet mal, rein vom Bauchgefühl, wer sich das Geld tatsächlich einsteckt und nicht an den Mitarbeiter weitergibt?
Ein Schelm wer denkt, dass das Systemhaus sich damit die Taschen vollmacht 😉
Ein Freelancer arbeitet einfach weniger gezwungen, motivierter, qualitativ mindestens genauso hochwertig wie ein Systemhaus-Consultant und verlangt in den seltensten Fällen extra Zeit-Aufschläge.
Work-Life-Balance oder Life-Work-Balance
Ich finde den Begriff Work-Life-Balance grausig. Als erstes Wort kommt “Work“, gefolgt vom “Life“, so als würde die Arbeit vor dem Leben kommen. Ich bin ein Freund davon, es bewusst “Life-Work-Balance” zu nennen, auch wenn es entgegen der Norm ist. In meiner Welt finde ich es so aber schöner, als IT-Fee darf man sowas machen 😉
Warum erwähne ich obiges Beispiel mit den Zeiten und 9 to 5? Es ist in unserer Branche oft nicht nötig, täglich nach festen Zeiten, mit festdefinierten Arbeitsstunden, zu arbeiten. Klar, ein Userhelpdesk muss erreichbar sein, wenn User Probleme haben – ist logisch. Aber viele könnten vielleicht besser arbeiten, wenn es ihnen freigestellt wird, wie sie arbeiten und wo.
Ich habe in der Vergangenheit Arbeitskollegen gehabt, die an die 1.000 Überstunden hatten. Gut, das ist ein krasses Beispiel, es waren aber immer Leute dabei, die ihre 100 – 300 Überstunden locker hatten, mich eingeschlossen. Ich möchte die Systemhäuser oder Vorgesetzten nun nicht an den Pranger stellen und an ihre Fürsorgepflicht appellieren, ich unterstelle den Meisten, dass es ihnen egal ist, solange die damit Geld einspielen. Am ehesten streiten sie darüber, weil die Überstunden nicht explizit schriftlich freigegeben wurden, so war es zumindest mal bei mir der Fall…
Nur wie motiviert und belastbar kann in dem Fall ein Mitarbeiter noch sein, der sowas auf sich nimmt? Mit wie viel Freude, Leidenschaft und Qualität wird/kann er noch die Projekte abarbeiten? Und auf wessen Kosten wird das Spiel betrieben? Auf die des Systemhaus Angestellten, der einfach verglüht wird.
Ein Freelancer zu sein hat viele Vorteile, für mich, meine Partner und bestimmt für viele mehr da draußen. Versucht es doch mal 🙂
Und bevor ich mich nun abschließend verabschiede, möchte ich nochmal klarstellen:
IT-Systemhäuser sind wichtig und teilw. gut. Sie können, wenn sie wollen und sitzen auf einen Fundus von Knowhow und Leistungsträgern. Aber hinterfragt doch gerne mal, wie es bei euch ist. Seid ihr glücklich mit den Reaktionszeiten, der Qualität, Performance und der Beratung?
Nun aber; genießt das Wochenende, bleibt gesund & munter. So long
K.